Um es vorab deutlich zu sagen: Ich halte den Prozess in Düsseldorf gegen die Mitarbeiter der Stadtverwaltung für eine Farce. Der Fokus auf die Verwaltung ist das Ergebnis der politischen Ereignisse im Anschluss an das Unglück. Nur auf diese Weise war es glaubhaft zu machen, dass die Verwaltungsspitze in Person des damaligen Oberbürgermeisters Sauerland für die Tragödie zur Verantwortung gezogen werden mußte.  Gleichzeitig wurde damit die Polizei entlastet, die man aus parteipolitischer Sicht so weit wie möglich aus der Verantwortung nehmen mußte, um ihren obersten Dienstherrn, den damaligen  SPD-Innenminister Jäger, aus der Schusslinie zu nehmen.

Während der Arbeit an meinem Buch zur Loveparade „Mann ohne Verantwortung – der Fall gegen den Innenminister“ (2012) gingen die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Duisburg weiter. Noch immer sind der Ablauf und die Ursache des Desasters unter juristischen Gesichtspunkten nicht geklärt. Gibt es in diesem Sinne vor dem Gesetz überhaupt Schuldige an dem Unglück? Wir werden es erst wissen, falls irgendwann Anklage erhoben werden sollte – und vielleicht nicht einmal dann. Ansonsten soll die Frage der Schuld im Allgemeinen oder der juristischen Schuld nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. Einige Texte und Dokumente, die dem Buch zugrunde liegen, habe ich diesem Posting zugefügt.

Dokumente und Texte zur Loveparade in Duisburg

Inzwischen ist Anklage gegen mehrere Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung Duisburg erhoben worden und der Prozessbeginn auf den 8. Dezember 2017 festgesetzt.

Auch politische Gremien beschäftigten sich weiter mit der Love Parade 2010 in Duisburg, wie z.B. der Innenausschuss des Landtags NRW noch im März 2012 und natürlich hatte ich damals die Hoffnung, dass dies nicht das letzte Mal gewesen ist. Leider verliefen auch hier alle Aktivitäten im Sande und ohne Konsequenzen.

Während die Berichterstattung in den Medien allmählich zurückging, wurden aber weitere Untersuchungen zum Ablauf und den Ursachen der Tragödie veröffentlicht, inzwischen jedoch weitgehend unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit.

Für die meisten von uns ist die Angelegenheit „Love Parade“ erledigt mit der Abwahl von Adolf Sauerland, der zum Zeitpunkt der Tragödie Oberbürgermeister von Duisburg war. Ihm wurde die Verantwortung zugeordnet. Gleichzeitig ging das öffentliche Interesse drastisch zurück. Dies zeigt mehr als deutlich, worum es Politik und Medien bei der widerlichen Scharade ging. Die Toten und Verletzten waren bei der ganzen Geschichte nur willkommenes Mittel zum Zweck. Mit ihrer Hilfe konnte ein seit der Wahl Sauerlands zum Oberbüprgermeister in der Duisburger Politik und im Rathaus anhaltender Machtkampf beendet werden.

Doch darüber soll an dieser Stelle nicht verhandelt werden. Sein Fall und der Weg zu seiner Abwahl sowie die darauf folgende Neuwahl des Oberbürgermeisters sind ein eigener Gegenstand.

Einige Anmerkungen zu dem Abwahlverfahren lassen sich an dieser Stelle dennoch nicht vermeiden. Dieses Verfahren wäre nicht möglich gewesen ohne eine Änderung der Gemeindeordnung des Landes NRW, also ohne ein neues Gesetz durch den Landtag in NRW. Federführend war hier eine der Hauptpersonen in dem Drama Love Parade, nämlich Innenminister Ralf Jäger, verantwortlich auch für Kommunales in seinem Land und damit zuständig für die Gemeindeordnung und natürlich der Held dieses Buches.

Nachdem die Abwahl Sauerlands im Duisburger Stadtrat gescheitert war, hatte Jäger eine originelle Idee. Das aus seiner Sicht mangelnde Demokratieverständnis des Stadtrats, diesen Fehlschlag der politischen Moral, die Verstocktheit der Ratsmitglieder, die einfach nicht zur gleichen Einsicht wie er kommen wollten: Dafür gab es eine einfache Lösung. Das Problem konnte mit Hilfe einer eher kleinen Gesetzesänderung behoben werden. Kaum hatte Jäger das Demokratiedefizit in den Kommunen ausgemacht, ließ er ein entsprechendes Bürgerbegehren mit anschließendem Bürgerentscheid neu in die Gemeindeordnung aufnehmen. Nicht wenige sprachen anschließend von einer „Lex Sauerland“, die der Innenminister hier durchgesetzt habe.

Zumindest Sauerland dürfte das wohl genau so empfunden haben.

Das Verfahren war allerdings nicht wirklich neu. Es ist in Deutschland auch in der Vergangenheit immer einmal wieder vorgekommen, dass die Mächtigen Gesetze mit einer politischen Zielrichtung nach Bedarf geändert haben.

Im Übrigen hätte man eine solche Vorgehensweise vor einigen Jahren wohl eher in Staaten mit einem bekannten Demokratiedefizit vermuten.

Doch seien wir ehrlich, durften wir etwas anderes erwarten, nur weil wir in Deutschland leben?

In der Zwischenzeit hat das Merkel-Regime gezeigt, dass es auch ohne Gesetzesänderungen geht. Es reichte dieser Regierung in der so genannten Flüchtlings-„Krise“ aus, geltendes Gesetz und die Verfassung einfach zu ignorieren und dafür einen moralischen Notstand geltend zu machen. Natürlich blieb dies ohne Konsequenzen für die Täterin.

Uns Bürgerlein bleibt nichts anderes, als immer wieder hinzusehen und zu sagen, was wir sehen und wie wir es sehen, mit unseren eigenen Worten und nicht mit denen, die man uns in den Mund legen, in den Mund zwingen möchte.

Hinweisen möchte ich hier auch noch auf ein im Juli 2012 veröffentlichtes „Working Paper“ der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, die sich mit bei Massenunglücken häufig zu findendem systemischen Versagen auseinandersetzt und mit großer Klarheit und Akribie das Love-Parade-Unglück in den entscheidenden Stunden auf seine möglichen Ursachen untersucht (Helbing/Mukerji, s. Quellennachweis).

Dieser Untersuchung habe ich Teile der Chronologie und die Skizze des Unglücksortes entnommen. Dort findet sich auch eine sehr ausführliche Bibliographie.

Die Autoren haben zudem eine chronologisch angeordnete und mit Geo-Positionen der aufnehmenden Person versehene Sammlung von Videos in Internet bereitgestellt.

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